Stand: 05.06.2024 20:20 Uhr

Landesbischof Ralf Meister hat am Mittwoch auf eine Rücktrittsforderung von Missbrauchsopfern in der Landeskirche Hannover reagiert. Er sehe keinen Anlass zurückzutreten, teilte er mit.

Meister habe Kontakt zu den vier Verfassern des Briefes aufgenommen. “Ich habe den vier Betroffenen heute persönlich geantwortet und die Einladung zu einem persönlichen Gespräch ausgesprochen”, sagte Meister in einem Statement am Rande der Frühjahrstagung der Landessynode in Rehburg-Loccum (Landkreis Nienburg). Er sei sich zudem “der Solidarität seitens der kirchenleitenden Organe” sicher. Der 62 Jahre alte Theologe reagierte auch auf die Kritik an der Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche. Meister kündigte an, die Fachstelle personell aufzustocken. Am Freitag steht das Thema sexualisierte Gewalt auf der Tagesordnung der Landessynode.

Verfasser schreiben von wiederholten Enttäuschungen

Vier von Missbrauch in der Landeskirche betroffene Personen hatten Meister zuvor in einem Schreiben aufgefordert, auf sein Amt zu verzichten. Der Landesbischof müsse aus dem unzureichenden Umgang seiner Kirche mit Missbrauchsfällen Konsequenzen ziehen. “Es hat uns viel Mut gekostet, uns der Kirche anzuvertrauen. Leider sind wir dabei im Wesentlichen immer wieder enttäuscht worden”, heißt es in dem Brief vom Mittwoch. Sie warfen der Landeskirche vor, Hinweise seit 2010 nicht oder nur mit wesentlicher Verzögerung bearbeitet zu haben.

Vorwurf: Fachstelle beantwortet Anliegen unzureichend

Die Betroffenen machen Meister in dem Schreiben für die Versäumnisse in der Fachstelle Sexualisierte Gewalt verantwortlich. Auch nach einer Neuaufstellung im Jahr 2021 würden Betroffene “weiterhin sehr negative Erfahrungen” machen, schreiben sie. Mails würden nicht oder nur schleppend beantwortet, Anliegen nicht bearbeitet, Daten teilweise ohne Zustimmung weitergegeben und “Betroffenen wird immer noch nicht geglaubt, wenn die Täter noch im Dienst sind”. Sie fordern deshalb: “Die einzige verantwortungsvolle Option ist der Rücktritt von Landesbischof Meister.”

Kirchenleitung verteidigt Meister

Leitende Gremien der Landeskirche stellten sich nach den Vorwürfen hinter den Bischof. Sie seien überzeugt, “dass Ralf Meister seiner Verantwortung als Landesbischof gerecht wird, auch, indem er Fehler im Umgang mit Betroffenen eingeräumt und konkrete Verbesserungen eingeleitet hat”, heißt es in einer Erklärung. Man sei der Überzeugung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der besagten Fachstelle ihre Aufgaben “professionell, mit großem Engagement und im Sinne der Betroffenenorientierung erfüllen”. Die Schuld für den Personalmangel in der Fachstelle nahm die Leitung auf sich. Dass die Unterbesetzung nicht früh genug erkannt und behoben worden sei, sei “unser Fehler”, hieß es.

200 Kirchenangestellte kritisieren Umgang mit sexueller Gewalt

Am Dienstag hatten mehr als 200 Pastoren, Diakone und Mitarbeiter der hannoverschen Landeskirche die Kirchenleitung in einem offenen Brief für deren Umgang mit sexuellem Missbrauch kritisiert. Sie seien entsetzt über das Ausmaß sexueller Gewalt und den Umgang mit Betroffenen, heißt es in dem Schreiben. “Das Verhalten kirchenleitender Verantwortlicher hat unser Vertrauen in die Kirchenleitung beschädigt”, heißt es weiter. Sie wünschten sich einen grundlegenden Kulturwandel.

Die Landeskirche Hannovers ist mit etwa 2,3 Millionen Mitgliedern die mitgliederstärkste Landeskirche in Deutschland. Ihr Gebiet erstreckt sich über weite Teile Niedersachsens.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 05.06.2024 | 20:00 Uhr

source