marktbericht

Stand: 04.06.2024 18:15 Uhr

Zins- und Konjunktursorgen haben an der Börse heute für schlechte Stimmung gesorgt. Auch aus New York kam Gegenwind, so dass der DAX gut ein Prozent nachgab.

Der DAX hat heute den Rückwärtsgang eingelegt und am Ende 1,09 Prozent auf 18.405 Punkte verloren. Zins- und Konjunktursorgen, die bereits am Vortag die Wall Street belastet hatten, sorgten für schlechte Stimmung an der Börse. Ein zarter Erholungsversuch am Nachmittag in Richtung 18.500 Punkte scheiterte, da auch die US-Märkte weiter schwach tendierten. Der MDAX der mittelgroßen Werte gab 0,68 Prozent nach auf 26.779 Punkte.

Die Nervosität ist am Markt zuletzt deutlich gestiegen. Denn zu der anhaltenden Zinsunsicherheit haben zuletzt schwächere Konjunkturdaten vor allem in den USA auch Konjunktursorgen ausgelöst. In diesem Umfeld taten sich die Anleger schwer damit, neue Risiken einzugehen. Dies, obwohl fest mit einer Zinssenkung der Europäischen Zentralbank um 25 Basispunkte auf dann 3,75 Prozent am Donnerstag gerechnet wird.

Trotzdem blicken die Märkte wie immer voraus – und dabei scheint der weitere geldpolitische Weg der EZB weniger klar zu sein, was für Verunsicherung sorgt. “Der Zinspfad im weiteren Jahresverlauf ist dagegen noch nicht so klar vorgezeichnet”, merkte die Landesbank Helaba an. Entsprechend zurückhaltend hatten die Investoren zuletzt agiert.

“Nach den jüngsten Aussagen (der EZB) zu urteilen, ist eine weitere Zinssenkung im Juli unwahrscheinlich”, urteilte Daniel Loughney, Anleihenexperte beim Fonds Mediolanum International.

Die US-Börsen kommen weiterhin erst einmal nicht in Schwung. Neue Konjunkturdaten gaben den Aktienkursen keine Impulse. Der Leitindex Dow Jones hält sich am besten und ringt aktuell mit seinem Schlusskurs, alle anderen Indizes stehen moderat knapp 0,4 Prozent im Minus. Am Vortag gab es einen wechselvolleren Handelstag, an dem die Richtung sich mehrfach änderte.

Die heutigen Kursschwankungen sind hingegen geringer und Ausdruck der derzeit herrschenden Unsicherheit an der Weltleitbörse nach zuletzt überraschend schwachen Konjunkturdaten. Die Stimmung in der US-Industrie hatte sich am Vortag unerwartet eingetrübt. Zudem waren die Bauausgaben erneut gefallen. Heute sank die Anzahl der offenen Stellen, ebenfalls ein Hinweis auf eine Abschwächung der Wirtschaft.

All dies erhöht zwar die Aussicht auf Zinssenkungen, hat aber auch massive Konjunktursorgen zur Folge. Bisher schien es so, als ob die US-Wirtschaft mit den hohen Zinsen gut leben könnte, die jüngsten Daten sprechen nun eine andere Sprache.

Die schwachen Zahlen vom Vortag ließen die Märkte an der Dauerhaftigkeit der wirtschaftlichen Stärke in den USA zweifeln, konstatierte Vermögensverwalter Patrick Armstrong von Plurimi Wealth LLP. Er werde die Arbeitsmarktdaten in dieser Woche im Auge behalten, um diese Ansicht zu bestätigen oder um sie neu zu bewerten.

Anleger würden dazu neigen, ihr Engagement in risikoreicheren Anlagen zu begrenzen, wenn die kurz- bis mittelfristigen Aussichten schwieriger zu antizipieren seien, kommentiert Pierre Veyret, Analyst beim Broker ActivTrades.

Die Ölpreise geben nach dem Ausverkauf vom Vortag weiter nach. Öl der Nordseesorte Brent sowie der US-Leichtölsorte WTI kostet rund ein Prozent weniger. Der Preis für ein Fass Brent fällt dabei unter die Marke von 78 Dollar. Eine Entwicklung, die den Investoren im aktuellen Kontext ebenfalls Sorgen bereitet.

Für energieintensive Unternehmen sei dies zwar erfreulich, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Allerdings signalisierten fallende Energiepreise aber immer auch eine Abkühlung der Konjunktur.

Als einen Grund für den Preisdruck nannten Börsianer auch den jüngsten Entscheid der Opec+ zu den Förderquoten. Zwar einigte sich die Gruppe, zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells Opec weitere Förderländer wie Russland gehören, auf eine Verlängerung der bisherigen Produktionsbeschränkungen. Allerdings öffneten sie die Tür für eine Reduzierung der bisherigen, freiwilligen zusätzlichen Drosselung durch einzelne Mitglieder.

Der Euro knüpfte zunächst an die Kursgewinne vom Vortag an und erreichte zwischenzeitlich den höchsten Stand seit mehr als zwei Monaten. In der vergangenen Nacht stieg die Gemeinschaftswährung bis auf 1,0916 Dollar. Dies ist der höchste Kurs seit dem 21. März. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0865 (Montag: 1,0842) Dollar fest. Aktuell wird der Euro bei 1,0877 Dollar gehandelt.

Die Stärke des Euro ist derzeit eher eine Schwäche des Dollar. Gestützt wurde der Euro zuletzt nämlich primär durch die schwachen US-Konjunkturdaten. Diese lassen Zinssenkungen der Notenbank Federal Reserve (Fed) wieder wahrscheinlicher werden, was den Dollar drückt. Im Gegenzug legt der Euro zu, in dessen Kurs eine EZB-Zinssenkung bereits seit langem eingepreist ist.

Die Nachfrage nach Personal in den USA hat zuletzt spürbar nachgelassen. Die auch für die Zentralbank wichtige Kennziffer der offenen Stellen sank Ende April auf 8,059 Millionen, wie das US-Arbeitsministerium heute zu seiner monatlichen Umfrage (Jolts) mitteilte. Befragte Experten hatten mit einem Wert von 8,355 Millionen gerechnet. Der Vormonatswert wurde zugleich auf 8,355 Millionen von ursprünglich gemeldeten 8,488 Millionen revidiert. Die Auftragseingänge der US-Industrie sind im April hingegen um 0,7 Prozent gestiegen. Allerdings beschleunigte der Sektor im Mai seine Talfahrt, wie aus dem jüngsten ISM-Einkaufsmanagerindex hervorging.

Am Freitag steht der US-Arbeitsmarktbericht für Mai an. Dabei rechnen Ökonomen mit einem Stellenzuwachs von 185.000 außerhalb der Landwirtschaft, nach 175.000 im April. Die US-Zentralbank Federal Reserve will mit einer straffen geldpolitischen Linie den Preisauftrieb dämpfen und den Arbeitsmarkt abkühlen. Sie hält den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent.

Unter den Einzelwerten lagen im DAX Siemens Energy am Ende. Anlass für die Gewinnmitnahmen waren negative Studien von JPMorgan und vom Investmenthaus Bernstein. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen, nachdem sich die Aktie zuletzt mehr als verdoppelt hatte.

Ein negativer Analystenkommentar der Citigroup drückte auch die Allianz-Aktie, die rund drei Prozent verlor. Auf der Gewinnerseite gab es heute nicht so viel Auswahl. Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers lag an der DAX-Spitze mit einem Plus von gut zwei Prozent.

Im MDAX waren es ebenfalls Analystenkommentare, die für Bewegung sorgten. Freenet-Aktien stiegen um über drei Prozent, angetrieben von einer Kaufempfehlung der Bank UBS. Eine positive Studie von JPMorgan zur Ströer-Aktie verhalf dieser zu einem Plus von rund 1,4 Prozent.

Die von den Autobauern Mercedes-Benz und Stellantis geplante Batteriefabrik in Kaiserslautern verzögert sich. Die geplanten Bauarbeiten seien gestoppt, erklärte das Gemeinschaftsunternehmen ACC der beiden Autobauer und TotalEnergies am Dienstag. Auch eine weitere Batteriefabrik von ACC in Italien werde verschoben. Wegen der Nachfrage-Verschiebungen hin zu kleineren E-Autos müsse ACC sein Portfolio um kostengünstigere Zellchemie erweitern. Das erfordere weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit, erklärte ACC.

ACC wurde 2020 von Stellantis und der einer TotalEnergies-Tochter Saft gegründet, Mercedes-Vorgängerkonzern Daimler stieß 2021 als dritter Partner hinzu. Die Fabrik in Kaiserslautern soll auf einem früheren Gelände der deutschen Stellantis-Tochter Opel entstehen. An der E-Strategie wollen beide Konzerne festhalten.

Die Deutsche Telekom hat nach dem Anteilsverkauf des Bundes ihr laufendes Aktienrückkaufprogramm angepasst. Das maximale Kaufvolumen pro Woche liege nach dieser Anpassung bei knapp über 200 Millionen Euro, teilte der Konzern mit. Dieses Maximalvolumen entspreche fast einer Versechsfachung der bisherigen durchschnittlichen wöchentlichen Rückkäufe von 37 Millionen Euro seit Start des Programms am 3. Januar 2024. Die Telekom begründete die Änderungen damit, mögliche zeitweilig erhöhte Kursvolatilitäten stärker für günstige Rückkäufe von Deutsche-Telekom-Aktien nutzen zu können.

Die T-Aktie hat am Nachmittag ihre Verluste zwar etwas eingegrenzt, blieb aber am Ende rund 1,7 Prozent im Minus. Erste Investoren nutzten allerdings im Verlauf den Kursrutsch vom Vorabend für einen günstigeren Einstieg. Fundamental läuft es derzeit rund bei den Bonnern, wie der jüngste Quartalsbericht gezeigt hat. Vor allem die US-Tochtergesellschaft T-Mobile US ist in den USA stramm auf Expansionskurs. Die Kursziele der Analysten liegen allesamt meist deutlich über dem aktuellen Niveau des DAX-Schwergewichtes.

Ford Europa fährt heute in Köln die Serienproduktion seines ersten Elektroautos hoch. Ursprünglich sollte es schon im vergangenen September losgehen. Wegen eines neuen Batterie-Standards dauerten die Vorbereitungen aber länger als gedacht. Der US-Konzern ist schon seit 1930 in Köln präsent, wo er unter anderem den Kleinwagen-Klassiker Ford Fiesta produziert hat. Für seinen neuen Elektrokurs musste Ford knapp zwei Milliarden Euro in das Kölner Werk investieren, wo künftig bis zu 250.000 E-Autos jährlich hergestellt werden sollen.

Der US-Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson (J&J) hat in der Klagewelle um mutmaßlich asbestverseuchtem Talkumpuder einen weiteren Rückschlag erlitten. Ein Geschworenengericht in Portland sprach der Klägerin und ihrem Ehemann am Montag 60 Millionen Dollar Schadenersatz und eine Strafzahlung von 200 Millionen Dollar zu. Bei der Klägerin Kyung Lee war im vergangenen Jahr im Alter von 48 Jahren Mesotheliom diagnostiziert worden. Der Konzern kündigte Berufung an.

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