Stand: 07.06.2024 23:53 Uhr

Der letzte Test der deutschen Nationalmannschaft vor der Heim-EM gegen Griechenland lässt trotz eines Erfolgs viele Fragen offen.

Das letzte Testspiel vor der Heim-EM gegen das nicht für das Turnier qualifizierte Griechenland im Borussia-Park in Mönchengladbach dürfte Bundestrainer Julian Nagelsmann in den nächsten Tagen noch intensiv beschäftigen: Die deutsche Nationalmannschaft setzte sich am Freitagabend (07.06.2024) gegen die Griechen zwar mit 2:1 (0:1) durch, doch echte Vorfreude auf die deutschen Gruppenspiele beim Heimturnier in einer Woche dürfte bei kaum einem Beobachter aufgekommen sein.

Zu fehlerhaft, zu anfällig präsentierte sich die deutsche Mannschaft von Beginn an. Die Partie wirkte über längere Zeit wie ein Rückfall in alte, erfolglose Zeiten. “Positiv ist das Ergebnis und dass wir das Spiel gedreht haben. Wir können uns aber steigern”, sagte Pascal Groß, der das viel umjubelte Siegtor erzielt hatte, der ARD.

Auch der Bundestrainer räumte ein: “In der ersten Halbzeit haben wir kein gutes Spiel gemacht. Die Intensität hat gefehlt”, so Nagelsmann. “Wir haben aber eine gute Reaktion gezeigt. Wir haben alles dafür getan, um uns psychisch zu festigen.”

Grober Fehler der deutschen Mannschaft

Beide Teams begannen die Partie gemächlich. Die etwas größere Offensiv-Aktivität zeigten aber die Griechen, die mit ihren technisch versierten Spielern den Ball und auch den Gegner laufen ließen. Die deutsche Mannschaft versuchte sich in die Zweikämpfe zu begeben und den Gegner vom eigenen Tor fern zu halten. Doch das sollte nicht lange gutgehen.

Nach sechs Minuten passierte der DFB-Elf der erste grobe Fehler. Die Griechen kamen nach einem Fehlpass von Florian Wirtz im Mittelfeld zu einer riesigen Doppelchance von Christos Tzolis, bei der Torhüter Manuel Neuer zwei Schüsse des Angreifers aus sechs Metern Torentfernung meisterlich parieren konnte.

Musiala mit erstem Torschuss

Das Nagelsmann-Team wirkte in der Folge unerwartet nervös, fahrig, unkonzentriert. Ein durchdachtes Offensivspiel kam nicht zustande, die Defensive wirkte anfällig wie in längst vergessen geglaubten Zeiten. Nur wegen der mangelnden Passqualität der Griechen konnte Abwehrchef Antonio Rüdiger die nächste große Tormöglichkeit nach einem Konter (18. Minute) gerade noch verhindern.

Jamal Musiala (r.) setzt sich durch.

Den ersten, allerdings völlig harmlosen Torschuss brachte die deutsche Mannschaft nach 21 Minuten durch Jamal Musiala zustande. Auch Trainer Nagelsmann konnte seinen Augen ob der vielen Fehler seiner Spieler nicht trauen und schien am Spielfeldrand wenig amüsiert zu sein.

Neuer lässt den Ball fallen

Die vorläufige Krönung der deutschen Fehlerkette folgte in der 33. Minute. Musiala ließ sich den Ball am eigenen Strafraum abnehmen, den dann folgenden, eigentlich völlig harmlosen Flachschuss von Tzolis ließ Neuer aus den Händen flutschen, Griechenlands Georgios Masouras brauchte den Ball nur noch über die Torlinie zum 1:0 zu drücken. “Grundsätzlich muss ich den Ball besser wegbringen, das habe ich sofort gemerkt. Wir können das insgesamt besser verteidigen. Aber grundsätzlich finde ich, dass ich bei beiden Testspielen gute Leistungen gezeigt habe”, sagte Neuer der ARD.

Eine Torwartdiskussion will Nagelsmann gar nicht erst aufkommen lassen. “Es gibt natürlich eine Diskussion in der Öffentlichkeit, aber das ist für mich nicht relevant”, sagte der Bundestrainer.

Zumindest eine erwähnenswerte Torannäherung nach einem Freistoß vom bis dahin nahezu unsichtbaren Toni Kroos gelang der deutschen Elf in der völlig verkorksten ersten Hälfte, aber Jonathan Tahs (40.) Kopfball verfehlte das griechische Tor. Kurz vor dem Pausenpfiff hatte Vangelis Pavlidis die nächste große Schusschance, Tah konnte den Ball gerade noch um das Tor lenken.

Havertz trifft aus der Drehung

Kaum war die Partie wieder angepfiffen, konnte Verteidiger Joshua Kimmich gerade noch per Kopf vor dem einschussbereiten Tzolis retten. Die Unsicherheit im deutschen Spiel blieb, die Griechen wirkten weiterhin beflügelt von ihrem eigenen Spiel. Alle erhöhten Bemühungen der deutschen Mannschaft wirkten weiterhin schwerfällig, nichts wollte einfach vom Fuß gehen.

Deutschlands Kai Havertz jubelt.

Immerhin gelang es der DFB-Elf in den folgenden Minuten, das Spielgeschehen mehr in die gegnerische Hälfte zu verlagern und ein wenig mehr Druck auszuüben. Echte Überzeugung strahlte aber lange Zeit kein deutscher Offensivspieler aus. Bis der bis dahin überaus blasse Kai Havertz aus dem Nichts, nach einem Drehschuss aus zehn Metern, das 1:1 (55.) erzielte.

Henrichs mit einem Latten-Kracher, Groß trifft

Wer allerdings glaubte, dass nun eine Wende im Spiel zugunsten der deutschen Elf folgen würde, der sah sich getäuscht. Die Griechen spielten unbekümmert weiter, während dem Nagelsmann-Team noch immer ein schwerer Rucksack auf dem Rücken zu liegen schien.

Mit etwas mehr Konzentration hätten die Griechen nach einem Konter (72.) ihren zweiten Treffer erzielen können, aber der eingewechselte Verteidiger Nico Schlotterbeck konnte das gerade noch verhindern.

Das Nagelsmann-Team bemühte sich zwar, aber spielerische Lösungen fand das Team nicht. Nur der ebenfalls kurz zuvor eingewechselte Benjamin Henrichs sorgte noch für eine gefährliche Aktion, er schoss einen abgewehrten Eckball mit Karacho gegen die Querlatte des griechischen Tores (84.).

Pascal Groß erzielte in letzter Minute mit einer Direktabnahme aus rund 18 Metern das sehenswerte 2:1 (89.) für die deutsche Mannschaft und sicherte damit einen schmeichelhaften Sieg.

Nicht bei der EM dabei sein wird Alexander Nübel. Der Bundestrainer hatte den Torhüter am Nachmittag aus seinem Kader für die Endrunde in Deutschland gestrichen, weil er sich für einen weiteren Feldspieler statt einem vierten Torhüter im Kader entschieden hatte.

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