Stand: 05.09.2024 07:00 Uhr

Lungenkrebs verursacht mehr Todesfälle als jede andere Krebsart. Weltweit werden nun erstmals Krebspatienten mit einem mRNA-Impfstoff behandelt. Doch der Weg zur Marktreife ist noch lang.

Eine Krebsdiagnose ist für Betroffene meist ein tiefgreifender Einschnitt. Laut einer aktuellen Prognose wird die Zahl der Krebserkrankungen weltweit bis 2050 jedoch weiter stark zunehmen – nach Angaben der WHO um bis zu 77 Prozent. Die wichtigsten Ursachen dafür sind Rauchen, Alkoholkonsum, Fettleibigkeit und Luftverschmutzung.

Zu den häufigsten Krebsarten gehören Brustkrebs, Darmkrebs – und Lungenkrebs. Letzterer ist gleichzeitig für die meisten krebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Dass nun Patienten im Rahmen einer neuen klinischen Studie eine Impfung gegen Lungenkrebs erhalten, zeigt aber, dass es durchaus Fortschritte bei der Krebsbekämpfung gibt.

So wirkt der mRNA-Impfstoff gegen Lungenkrebs

Der von BioNTech hergestellte mRNA-Impfstoff namens “BNT116” ist für die Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC), der häufigsten Form der Krankheit, vorgesehen. Im menschlichen Körper entstehen kontinuierlich Krebszellen. Diese werden aber in der Regel vom Immunsystem erkannt und zerstört. Es kann jedoch vorkommen, dass das nicht gelingt. Und bei Lungenkrebspatienten tritt der Krebs häufig auch erneut auf, selbst nach einer Operation oder Strahlentherapie. Hier setzt die therapeutische mRNA-Impfung an. Als therapeutisch wird sie deshalb bezeichnet, weil sie nicht präventiv, wie zum Beispiel im Fall von Corona, eingesetzt wird.

Die Abkürzung mRNA steht für “messenger Ribonucleic Acid” (Boten-Ribonukleinsäure). Im Gegensatz zu traditionellen Impfstoffen, die auf inaktivierten oder abgeschwächten Krankheitserregern basieren, verwenden mRNA-Impfstoffe keine solchen Erreger zur Immunisierung.

Den Körperzellen werden Teile der Erbinformation des Tumors geliefert, die Wissenschaftler zuvor rekonstruiert haben. Dieser Impfstoff enthält also den Bauplan für spezifische Proteine, die das Immunsystem aktivieren und eine schützende Immunantwort auslösen sollen. Das Besondere daran ist, dass für jeden Patienten ein individueller Impfstoff hergestellt werden muss.

Teststandorte für den Impfstoff in Deutschland

Etwa 130 Patienten mit Lungenkrebs in verschiedenen Stadien sind für die erste Testphase vorgesehen. Hier wird zunächst überprüft, wie gut die Therapie vertragen wird und welche Dosierung optimal ist. Getestet wird das Ganze in Großbritannien, Ungarn, Polen, Spanien, der Türkei, USA und auch in Deutschland. Folgende deutsche Institute sind daran beteiligt: das Institut für Klinische Krebsforschung (IKF) in Frankfurt, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und das Universitätsklinikum Köln.

Derzeit werden in Deutschland noch immer Patienten für die Studie rekrutiert. Auf Nachfrage von BR24 wurde das auch vonseiten einer der teilnehmenden Einrichtungen, des Universitätsklinikums Köln, bestätigt. Dennoch sei beispielsweise die Kohorte der palliativ zu behandelnden Patienten bereits wieder geschlossen. Bei anderen Kohorten werde aber noch geimpft.

mRNA-Impfstoffe werden schon lange erforscht

mRNA-Impfstoffe wurden besonders während der Corona-Pandemie einem breiten Publikum bekannt. Doch ursprünglich war der Mechanismus gar nicht für den Einsatz bei Infektionskrankheiten wie Corona gedacht. Bereits seit Jahrzehnten wird nämlich erforscht, ob und wie mRNA-Impfungen als Therapie gegen Krebs eingesetzt werden können. Ende Oktober 2023 hatte Biontech dann von ersten Erfolgen bei der klinischen Erprobung einer neuen Krebstherapie berichtet.

Krebs-Impfstoff: Der Weg zur Marktreife ist lang

Weltweit arbeiten diverse Pharmafirmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen an Krebsimpfstoffen. Das Unternehmen “Curevac” zum Beispiel entwickelt mRNA-Impfstoffe gegen schwarzen Hautkrebs und Gehirntumoren. Noch Jahre wird es dauern, bis Krebsimpfstoffe marktreif sind. Die BioNTech-Studie beispielsweise soll erst 2027 abgeschlossen sein. Bereits jetzt aber bieten die ersten Tests Anlass zur Hoffnung.

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