Stand: 04.07.2024 04:37 Uhr

In der Vergangenheit wurden Feuerwehren überwiegend zu Bränden in Innenräumen gerufen, jetzt sind sie vor allem draußen gefordert. Dürren und Überflutungen erfordern andere Abläufe und neue Kooperationen.

Matthias Lemgen ist Pressesprecher bei der Freiwilligen Feuerwehr der Verbandsgemeinde Bad Hönningen. Um neue Abläufe zu trainieren, hat er vor Kurzem mit seinen Kolleginnen und Kollegen ein Waldbrandszenario an den Hängen des Rheins vorbereitet. Dann kam unerwartet starker und langer Regen dazwischen. Der Boden weichte auf und wurde rutschig statt staubtrocken. Die Übung wurde abgesagt.

Dabei seien Übungen im dürren Gelände dringend nötig, erklärt Lemgen. Wald- und Flächenbrände stellen die Feuerwehrleute vor besondere Herausforderungen: In der Regel gibt es dort kaum Möglichkeiten, Löschwasser zu ziehen. “Gerade in Dürreperioden ist es natürlich so, dass die kleinen Bäche im Wald oft nicht das Wasser führen, was wir mit Pumpen wegtransportieren müssten. Wir brauchen dann schon Teiche, Seen oder ähnliches.”

1.000 Liter pro Minute muss die Feuerwehr schon rausziehen können, erklärt Sprecher Lemgen. In manchen Regionen gibt es zu diesem Zweck extra Löschteiche. Nicht jedoch in den Hängen des Rheinsteigs. Anders als in Siedlungen stehen hier keine Hydranten. Ein Flächenbrand erfordert daher ganz andere Abläufe.

Woher Löschwasser beschaffen?

Übungen zielen darauf ab, ausreichend Wasser über weite Entfernungen zu beschaffen. Dazu werden entweder lange Schlauchleitungen angelegt. Oder es wird ein sogenannter Pendelverkehr gefahren: also zum Hydranten in der nächstgelegenen (und trotzdem weiter entfernten) Ortschaft und zurück. Und wieder hin und zurück.

Gerade dieses abgestimmte Kreisfahren der Tankwagen steht neuerdings verstärkt auf dem Übungsplan. “Mit der Fragestellung: Wie gut funktioniert das, welche Taktung brauchen wir da, um entsprechend ausreichend Wasser an der Einsatzsteile zu haben.” Das muss ausprobiert werden und sich noch bei den Feuerwehrleuten einprägen.

Zahl der Wald- und Flurbrände steigt

Durch die Klimakrise mit heißen und dürren Sommern nehmen Wald- und Flurbrände zu. Für die Feuerwehrleute ist das neues Terrain. Bisher haben sie überwiegend Wohnungs- und Gebäudebrände gelöscht. Damit sie dabei nicht in Kontakt mit dem Feuer kommen, tragen sie schützende Uniformen. Dadurch sind sie dick und schwer. Bei Bränden draußen ist das hinderlich, erklärt der Feuerwehrsprecher. “Wenn Sie im Sommer zu einem Wald- und Vegetationsbrand rausfahren, 35 Grad im Schatten haben, der Schatten auf den Feldern aber fehlt, dann ist das noch härtere körperliche Arbeit als bisher schon.”

Draußen können die Feuerwehrleute meist ausreichend Abstand vom Feuer halten. Daher werden sie jetzt anders ausgestattet. Die neue Kleidung für Vegetationsbrände ist dünner und leichter.

Neue Technik für Einsätze draußen

Nach und nach werden auch die Einsatzkonzepte und Vorbereitungen darauf geändert: In die Fahrzeuge der Feuerwehr kommen viel mehr Getränke. Außerdem Zelte, damit wenigstens die ein bisschen Schatten und Schutz gegen die zunehmende UV-Strahlung draußen spenden, erklärt Feuerwehrmann Lemgen aus Bad Hönningen. “Diese Auswirkungen der Klimakrise sind ein regelmäßiges Thema in unseren Sitzungen. Oder eben auch Vorbereitungen darauf, wie die Beschaffung von Fahrzeugen und so weiter. In der Verbandsgemeinde Hönningen haben wir zum Beispiel gerade drei neue Fahrzeuge gekauft.”

Die neuen Fahrzeuge sind mit Allradantrieb ausgestattet. Das macht sie auch geländegängig. Denn zu den Aufgaben der Feuerwehr der Verbandsgemeinde Bad Hönningen gehört auch der Einsatz bei Überschwemmungen am Rhein: Wege freihalten, Menschen sichern, Keller auspumpen.

Immer öfter hantieren die Einsatzkräfte jetzt auch mit Schmutzwasser- und Tauchpumpen, für die es Platz in den Einsatzfahrzeuge geben muss.

Feuerwehr-Aufgaben komplexer geworden

Um Starkwetterereignisse schneller und noch besser einschätzen zu können, vernetzen sich die Feuerwehren mittlerweile intensiver untereinander, erklärt Feuerwehrsprecher Lemgen. Auch, damit sie sich im Ernstfall gegenseitig unterstützen können. Dazu wird auch der Lageaustausch verbessert.

An anderen Stellen arbeiten Feuerwehr und Forstverwaltung neuerdings eng zusammen. All das wird verstärkt geübt. Dabei wünschen sich die Feuerwehren mehr Unterstützung aus der Bevölkerung, sagt Lemgen.

Feuerwehr wünscht sich Eigeninitiative

Die Feuerwehr ist für Gefahrenabwehr zuständig – mit der Notrufnummer 112. Da ein Stromausfall oder ein nasser Keller in der Regel keine Gefahr darstellt, kommt sie zum Auspumpen als Dienstleister. Das bedeutet, sie muss ähnlich wie ein Handwerker entlohnt werden. Für manche Keller kann sich daher womöglich eine eigene Tauchpumpe lohnen.

Der Feuerwehrsprecher regt dazu an, über eigene Vorratshaltung nachzudenken, Stromausfällen zuhause vorzusorgen und im Ernstfall auch mal mit anzupacken. Natürlich nur solange das ohne Selbstgefährdung geht. Jeder könne jedoch überlegen, sagt er: “Muss ich für den Ast auf der Straße die Feuerwehr rufen oder rufe ich sie erst, wenn ich den Baum nicht selbst wegbekomme. Wir rücken teilweise auch zu Ästen aus, die man dann alleine anpackt und wieder von der Straße hebt.”

Durch so ein Verhalten werden unnötig viele Kräfte gebunden. Die Feuerwehr möchte ihre Leute für die bedrohlichen Fälle einsetzen, sagt der Feuerwehrmann: wenn ein Menschenleben in Gefahr, ein Baum aufs Haus gefallen oder ein Rettungsweg blockiert ist. Um das zu gewährleisten, freuen sich die Feuerwehren über Nachwuchskräfte. Die verstärkte Ausstattung mit Technik ist das eine, so Lemgen. Das Entscheidende jedoch und das Unverzichtbare seien bei allen Einsätzen die Menschen, die mitanpacken.

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